Kritische Teilnehmende hatten im Nachgang des Einmarschs die Fragen gestellt ob es demokratisch sei wenn Sowjettruppen in die CSSR einmar schierten oder warum die Volksrepubliken Rumänien und Jugoslawien eine andere Haltung zu den Vorgängen in der CSSR hätten als die DDR Dies nahm die Lei tung der Volkshochschule wahr als Aus druck einer Reihe von Unklarheiten zu den Fragen der Demokratie und Freiheit sowie des proletarischen Internationalis mus Wo Kritik an der Staatsführung ge übt wurde sollte diese also entschärft wer den Kritische Stimmen waren allerdings nicht der Normalfall in den Kursen Nicht wenige Hörer an der Volkshochschule je doch verhalten sich bei politischen Ausei nandersetzungen passiv In der Folge wurde die ideologische Aus richtung aller Lehrgänge gestärkt und vor allem durch Hospitationen vermehrt überprüft Auch die Lehrkräfte wurden so dem Zwang zur Ideologisierung ihres Unterrichts ausgesetzt sofern sie diese nicht bereits selbst vornahmen Unter Be obachtung standen fortan jene bei denen die staatsbürgerliche Erziehung im Sinne der SED nur als notwendiges Anhäng sel aber nicht als fester Bestandteil des Unterrichts gesehen wurde Die Volkshochschule verlor in den folgenden Jahren konti nuierlich an Zuspruch insbesondere bei jenen Gruppen die vermehrt als Zuhörer angedacht waren Frauen und Jugendli che 1969 besuchten circa 1 800 Hörerin nen und Hörer die Kurse Der Anteil der Frauen daran lag bei knapp unter 50 Pro zent bei den Jugendlichen waren es nur 42 Prozent Mit beiden Ergebnissen zähl te Weimar nicht zu den Spitzenreitern der Volkshochschulen im Kreis Erfurt Allein die wieder steigende Zahl der Teilnehme rinnen und Teilnehmer die seit 1965 66 die Marke von 1 500 nicht mehr überstiegen hatte konnte positiv übermittelt werden Damit lag Weimar was die Hörerzahl an geht im Mittelfeld der 15 Volkshochschu len des Bezirks Spitzenreiter war hier Er furt Die Bezirkshauptstadt registrierte das Vierfache an Teilnehmenden Weimar lag so weit hinter den Anforderungen zurück Die fallenden Teilnehmerzahlen hatten da bei aber auch ihre Gründe in den Entwick lungen der Zeit Die Gründung der Freien Deutschen Jugend FDJ die eine eigene Jugendbildungsstätte in Bernau errichtete die Einführung des Schulfaches Staats bürgerkunde und die Gleichschaltung des Deutschen Demokratischen Frauenbun des und weiterer Massenorganisationen hatten die Volkshochschulen als Haupt träger der Schulungsarbeit an den Rand gedrängt So konnte und musste nun in vielzähligen Organisationen politische Schulung über Marxismus Leninismus oder die Aufgaben der SED gelernt wer den Die Volkshochschule die hier einst ihre Hauptaufgabe hatte geriet in Kon kurrenz zu anderen Verbänden gegen die sie sich nicht behaupten konnte Ein Aspekt ragt dennoch heraus die Qua lifizierung der Frauen in der DDR Diese waren in den Kursen nun nahezu gleich gestellt mit den Männern und konnten simultan Bildungsabschlüsse erwerben Hier half die Volkshochschule die in der Verfassung festgeschriebene Position der Frau als gleichberechtigte Person im be ruflichen gesellschaftlichen und privaten Leben umzusetzen 60er Jahre Bedeutungsverlust 54

Vorschau 100 Jahre Volkshochschule Weimar – Bildung im Wandel Seite 58
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