Leitbild des Jugend-, Kultur- und Bildungszentrums Volkshochschule / mon ami
Präambel
Das Jugend-, Kultur- und Bildungszentrum Volkshochschule/mon ami ist ein Eigenbetrieb der Stadt Weimar. Unter seinem Dach befinden sich die Volkshochschule Weimar, das Jugend- und Kulturzentrum mon ami und das Kommunale Kino mon ami.
• Die Volkshochschule Weimar ist eine Einrichtung der Erwachsenenbildung, die als Teil des öffentlichen Bildungswesens die Aufgabe hat, weitgefächerte Bildungsangebote zu entwickeln und durchzuführen.
• Das Jugend- und Kulturzentrum mon ami ist ein soziokulturelles Zentrum, das (jugend-)kulturelle Veranstaltungen und Projekte verschiedener Sparten durchführt. Mitverantwortlich für das kulturelle Profil sind Vereine und Initiativen der Stadt, die das Haus für ihre kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten nutzen.
• Das Kino im mon ami ist das Kommunale Kino der Stadt Weimar. Es zeigt täglich anspruchsvolle und unterhaltende Filmkunst, ergänzt durch Kinderkino, originalsprachige Filme, thematische Filmreihen und Projekte mit verschiedenen Kooperationspartnern. Es versteht sich als bürgernahe Institution zur Filmbildung und Vermittlung von Filmgeschichte.
Wichtige Grundlagen unseres bildungs- und kulturpolitischen Handelns sind die Standortbestimmung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, „Die Volkshochschule – Bildung in öffentlicher Verantwortung“, und die „Weimarer Erklärung für demokratische Bildungsarbeit“ der Weimarer Kultur- und Bildungseinrichtungen.
Identität, Auftrag und Werte
Wir verstehen uns als Dienstleister für allgemeine, kulturelle, berufliche und digitale Bildung:
• wir arbeiten öffentlich, überparteilich und überkonfessionell,
• wir wirken als eine Begegnungsstätte für Menschen und ihre Kulturen,
• wir setzen uns für Gleichberechtigung, Teilhabe, Zusammenhalt und Integration in der Gesellschaft ein,
• wir sind eine zeitgemäße Plattform für konstruktives, aktives, soziales und selbstgesteuertes Lernen,
• wir ermöglichen lebenslanges Lernen durch die Bereitstellung von analogen und digitalen Lebens- und Erfahrungsräumen,
• wir wecken und erfüllen gesellschaftliche und kulturelle Bedürfnisse in der Stadt und der Region,
• unsere Angebote unterliegen einer stetigen Qualitätskontrolle,
• unser vielseitiges Angebot beruht auf einer größtmöglichen kommerziellen Unabhängigkeit,
• wir stehen für Ökologie und Nachhaltigkeit.
Teilnehmende und Besuchende
Unser Angebot ist für jede und jeden offen:
• für Bürgerinnen und Bürger der Stadt und der Region,
• für Besuchende der Stadt und der Region,
• für Firmen, öffentliche Einrichtungen, Vereine und Initiativen.
Allgemeine Ziele
Wir wollen:
• ein qualitativ guter und verlässlicher Bildungs- und Kulturpartner sein,
• die Anzahl und Zufriedenheit unserer Teilnehmenden und Besuchenden steigern,
• das Ansehen unserer Einrichtung in der Öffentlichkeit erhöhen.
Fähigkeiten und Leistungen
Wir sind ein motiviertes, fachlich und sozial kompetentes Team, das sich flexibel und offen neuen Aufgaben stellt. Unsere Dozierenden sind fachlich qualifiziert, unterstützt durch ein kontinuierliches Weiterbildungsprogramm der Volkshochschule.
• Wir bieten ein vielseitiges, klar strukturiertes Kultur- und Bildungsprogramm.
• Wir fördern eigenes schöpferisches Arbeiten.
• Wir bieten Bildungs- und Projektberatung.
• Wir bieten Programm- und Veranstaltungsorganisation.
Ressourcen
Wir verfügen über:
• feste und freie Mitarbeitende,
• öffentliche Förderung,
• Häuser und Ausstattung zur alleinigen Nutzung,
• zeitgemäße technische und digitale Infrastruktur.
Ziele unserer Arbeit
Lernen soll gelingen. Gelungenes Lernen bedeutet für uns, dass die Teilnehmenden und Besuchenden
• Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben und verbessert haben und sie im beruflichen und persönlichen Bereich anwenden können,
• ihre gesetzten Lernziele erreicht haben,
• durch das Knüpfen zwischenmenschlicher Kontakte ihre soziale Kompetenz gesteigert haben,
• sich eine neue Sichtweise auf Alltags- und Kunstwelten aneignen konnten,
• Freude an lebenslangem Lernen haben.
Zur Überprüfung dieser Definition werden Evaluationen und Abbrecherübersichten sowie interne und externe Prüfungen durchgeführt und ausgewertet.
Weimarer Erklärung für demokratische Bildungsarbeit
Die historische, politische und kulturelle Bildung ist aktuell herausgefordert durch die Behauptung, schulische und außerschulische Bildung unterliege einem »Neutralitätsgebot«. Gestellt wird damit die Frage nach den Aufgaben von Bildung in der Demokratie. Als Weimarer Akteure einer demokratischen Bildungsarbeit ist es uns ein Anliegen dazu zu erklären:
Demokratie ist keine wertfreie Veranstaltung
Die Demokratie beruht auf der Achtung der Menschenrechte, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit. Diesen Grundlagen der Demokratie kann eine demokratische Bildungsarbeit nicht »neutral« gegenüberstehen. Vielmehr ist es die Aufgabe von Bildung in der Demokratie, für demokratische Grundwerte einzutreten und gegen antidemokratische, antipluralistische und menschenfeindliche Positionen Stellung zu beziehen. Ein Neutralitätsgebot, das einem Werterelativismus Vorschub leistet, ist mit einer demokratischen Bildungsarbeit nicht vereinbar.
Demokratische Bildungsarbeit ist überparteilich
Eine demokratische Bildungsarbeit ist der Multiperspektivität bei der Darstellung von historischen und politischen Sachverhalten verpflichtet. Diese Form der Überparteilichkeit ist nicht mit Neutralität zu verwechseln. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, zum selbständigen Denken anzuregen und die Fähigkeit zu fördern, eine eigenständige politische Meinung zu entwickeln und zu vertreten. Dies ist nur möglich, wenn den Menschen in Bildungsveranstaltungen keine politische Meinung aufgedrängt wird, sondern kontroverse Standpunkte zu Wort kommen und Diskussion als ein Prozess der eigenständigen Meinungsbildung begriffen und gefördert wird.
Demokratische Bildungsarbeit basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen
Bildungsarbeit fußt auf wissenschaftlichen Grundlagen. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung müssen sich in der Vermittlung von Wissen und der Auswahl von Deutungsangeboten widerspiegeln. Wissenschaftsfeindliche Positionen sind mit einer demokratischen Bildungsarbeit hingegen unvereinbar. Voraussetzung einer wissenschaftlich fundierten Bildungsarbeit ist die Freiheit der Wissenschaften.
Dies bedeutet, dass die Wissenschaft selbst in freier Diskussion und unter Achtung wissenschaftlicher Methoden darüber entscheidet, welche inhaltlichen Positionen als wissenschaftlich abgesichert gelten und dem aktuellen Forschungsstand entsprechen. Es ist nicht Aufgabe von Politik, über die Wissenschaftlichkeit von Wissenschaft zu entscheiden. Eine Stigmatisierung von Wissenschaft als »unwissenschaftlich« durch die Politik oder gar die Androhung der Kürzung oder Streichung von öffentlichen Geldern aufgrund politisch unliebsamer wissenschaftlicher Ergebnisse gefährdet vielmehr die Freiheit von Wissenschaft.
Demokratische Errungenschaften müssen geschützt werden
70 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution treten wir dafür ein, dass die demokratischen Errungenschaften unseres Staates geschützt werden. Deshalb stehen wir für eine historische, politische und kulturelle Bildungsarbeit, die einerseits eigenständiges Denken und damit den demokratischen Willensbildungsprozess fördert und andererseits die politischen Konsequenzen demokratiefeindlicher Ideologien und Gesellschaftsentwürfe offenlegt.
Weimar, am 23. Oktober 2019
Wie wäre es, gebildet zu sein?
Das ist der Titel eines Texts des 2023 verstorbenen Peter Bieri – alias Pascal Mercier – aus dem Jahr 2005, damals Professor für zeitgenössische Philisophie an der Freien Universität Berlin. Bieri legt darin dar, um was es bei Bildung geht und was einen gebildeten Menschen ausmacht.
Wie wäre es, gebildet zu sein? Festrede von Prof. Dr. Peter Bieri